In den letzten Tagen lief ja die Diskussion rund um ABA mal wieder auf verschiedenen Plattformen. Leider blieben auch jetzt wieder viele Fragen unbeantwortet.
Liebe ABA-Befürworter, ich verstehe euch nicht. Da habt ihr die Möglichkeit mit den „bösen ABA-Gegnern“ direkt zu diskutieren und eure Argumente abseits der üblichen ABA-Rhetorik mal sachlich darzulegen und dann nutzt ihr diese Chance nicht. Warum nicht? Deshalb stelle ich meine Fragen jetzt hier. In der Hoffnung, dass es vielleicht doch noch sachliche Antworten von euch darauf gibt. Um zu vermeiden, dass ich mir anhören muss, dass das ja nicht so gesagt worden wäre, werde ich nach Möglichkeit Zitate und Quellenangaben nennen.
1. Warum argumentiert ihr mit wissenschaftlicher Evidenz und zitiert die angebliche Wirksamkeit z.B. aus den Lovaas-Studien, wenn ihr doch selbst sagt, dass das „moderne ABA“ mit dem von Lovaas überhaupt nichts mehr zu tun hat?
Beispiel:
Trotz der Unterbrechung des Lernprozesses haben Verhaltensforscher, sich verlassend auf die Prinzipien der Lerntheorie, effektive Methoden entwickelt, um autistische Kinder zu unterrichten. Forschungen über drei Jahrzehnte hinweg von Dr. Ivar Lovaas und seinen Kollegen an der Universität von Kalifornien (UCLA) haben überzeugend demonstriert, dass intensive, frühe Intervention die Funktionen von autistischen Kindern verbessern kann.
Zwei Nachbehandlungsstudien, die 1987 und 1993 publiziert wurden, haben gezeigt, dass 9 von 19 Kindern, welche intensive Verhaltensbehandlung erhielten, reguläre Klassen erfolgreich abschließen konnten.
Quelle: Knospe ABA
Vielfältige wissenschaftliche Effektivitätsstudien belegen, dass durch sog. „EIBI (Early Intensive
Behavioural Intervention)-Programme, die eine
- sehr früh einsetzende (bis zum 5. Lebensjahr),
- autismusspezifische,
- verhaltenstherapeutisch orientierte,
- hoch intensive Intervention (30-40 Std./Woche) einsetzen,
alle geförderten Kinder signifikante Lernfortschritte machen, 30-40% sogar ein annähernd normales
Funktionsniveau erreichen können.
Quelle: IFA-Bremen
Daraus resultiert:
2. Wieso schweigt ihr so hartnäckig, wenn ihr darauf hingewiesen werdet, dass Lovaas seine Ergebnisse nur unter Anwendung von Aversiva, Schlägen und Co. erreicht hat und zusätzlich seine Studienteilnehmer sehr selektiv ausgewählt hat (nur die erfolgversprechenden Kinder durften in die ABA-Gruppe, der Rest wurde aussortiert bzw. in die Kontrollgruppe gesteckt, die Voraussetzungen waren also in beiden Gruppen von vornherein ungleich)?
3. Warum leugnet ihr, dass eines der Kernziele von ABA darin besteht, dass die Kinder sich nicht mehr autistisch verhalten? Obwohl genau damit doch ABA begründet wird?
ABA und AVT haben als Hauptziele den Abbau von Verhaltensproblemen, wie Zwängen oder Selbststimulation und den Aufbau oder die Erweiterung von angemessenen Fähigkeiten, wie die Erweiterung kommunikativer Funktionen oder angemessenem Sozialverhalten
Quelle: Vera Bernard-Opitz
Es geht darum, dass die Kinder ihr gelerntes autistisches Verhalten vergessen und ein neues erlernen
Quelle: Hermann Cordes (IFA-Bremen)
4. Warum argumentiert ihr, dass Inklusion für Autisten nur dann möglich sei, wenn sie vorher mit ABA therapiert worden sind? Wisst ihr nicht, dass Inklusion bedeutet, jemanden zu anzunehmen wie er ist?
Hier ein Film der reformpädagogischen Grundschule, die mein Sohn besucht. Das er so viel gelernt hat und dort teilnehmen und mitmachen kann, verdanken wir der angewandten Verhaltensanalyse (ABA)
Quelle: Kommentar einer Mutter auf der Seite von Aktion Mensch
5. Warum seid ihr nicht in der Lage klipp und klar zu schildern, wie genau ABA bei euch umgesetzt wird. Warum werden da immer nur vage Andeutungen gemacht? Warum wird immer der „Spaß“ des Kindes so betont, dann aber die Frage nicht beantwortet, wer diesen Spaß denn nun definiert?
Wir haben immer SPASS bei der Erarbeitung neuer Ziele- denn zu 80 % sollen die Kinder bei der Sache Spass und Lust haben. Das erarbeiten der Ziele soll nur 20 % betragen.
Quelle: Eine Mutter auf der Facebookseite von Aktion Mensch.
Meine Erfahrung ist vielmehr, und da versuchen wir uns so gut es geht nach dem in einem Workshop gelernten zu richten, dass ABA zu ⅔ daraus besteht eine gute Zeit miteinander zu haben und zu ⅓ aus kurzen, zum jeweiligen Zeitpunkt für das Kind leistbaren, Aufgaben.
Quelle: Ein Vater auf der Facebookseite von Aktion Mensch.
6. Wenn das Kind die Aufgaben bereits leisten kann, warum muss es sie denn erst erlernen?
Siehe 2. Zitat unter Punkt 5.
7. Wenn es bei ABA überwiegend darum geht eine positive Zeit mit dem Kind zu verbringen, wofür braucht man dann ABA?
Dann würde es ja reichen, wenn statt 40 Stunden Therapie pro Woche nur 10 bezahlt werden würden. Ich werde ja auch nicht für das Spielen mit meinen Kindern bezahlt.
8. Wenn es bei ABA darum geht, dass die Eltern lernen, die Besonderheiten ihres Kindes kennenzulernen und die Umgebung entsprechend zu gestalten, warum macht man dann nicht lieber einen Elternkurs oder lernt von erwachsenen Autisten?
Die Teilnahme am Bremer Elterntraining hat bei uns bewirkt, dass wir als Eltern die Verhaltensauffälligkeiten, die Störungen in der Interaktion und Kommunikation unseres Sohnes erkennen und verstehen können. Wir haben gelernt, wie wir im Alltag mit ihm umgehen müssen bzw. Situationen gestalten müssen, wie wir unsere Kommunikation und Interaktion mit unserem Sohn strukturieren müssen, auf dass er sich im Alltag zurecht findet
Quelle: Kommentar einer Mutter bei Aktion Mensch
Wir als Familie konnten unheimlich viel lernen was das Verhalten unserer Tochter angeht. Wir können es besser verstehen und finden Wege damit umzugehen.
Quelle: Facebookseite der Aktion Mensch
9. Warum behaupten Sie immer wieder, dass das kritisierte ja das „falsche“ ABA sei, sind aber nicht in der Lage zu definieren, was denn nun das „richtige“ ABA ist? Ist Ihnen bewusst, dass jeder ABA-Anbieter so argumentiert?
Der eine behauptet, dass Knospe „richtiges“ ABA sei, der nächste sagt, dass das ABA kommerzieller Anbieter prinzipiell abzulehnen sei usw.
Ich verstehe auch nicht wovon Sie eigentlich reden, denn das was Sie als ABA bezeichnen ist kein ABA.
Quelle: Facebookseite der Aktion Mensch
10. Wenn man Ihnen ABA-Praxisvideos zeigt, auf denen deutlich erkennbar ist, dass die dort vorgeführten Kinder sehr wohl kommunizieren (verbal und nonverbal) und deutlich ausdrücken, wie unangenehm die Situation für Sie ist, warum gehen Sie dann nicht darauf ein? Oder kommen wieder nur mit der „das ist das falsche ABA“-Nummer?
11. Warum ignorieren Sie Erfahrungsberichte von Autisten oder ehemaligen Therapeuten, die ABA erlebt haben oder kommen mit der „das war ja das falsche ABA“-Argumentation?
Dieser Bericht ist doch alles andere als repräsentativ. Da wurde offenbar nicht nach den strengen Ethikstandards gearbeitet, die normalerweise bei ABA/AVT Anwendung finden. Leider gibt es auch Schwarze Schafe, wie in diesem Fall. Deshalb ist doch aber nicht prinzipiell eine Methode schlecht.
Quelle: Facebookseite von Aktion Mensch
12. Warum ignorieren Sie generell die Innensicht von Autisten, ihre Erklärungen und ihre Meinung über ABA bzw. unterstellen Kritikern pauschal Nichtwissen?
Jeder beruft sich auf irgendwelche Einzelinformationen – gepaart von Einzelinformationen von anderen Nichtwissenden. Man muss nicht zu allem eine Meinung haben- vorallem wenn man wenig bis keine Ahnung hat .
Quelle: Kommentar auf dem Blog Innerwelt
13. Warum verwaschen Sie Diskussionen über ABA indem Sie ABA mit ganz anderen Ansätzen vermischen und dann so tun als wäre das alles ABA?
Die Lösung war ein Teller, so ein bunter Kinderteller, dass war dann sein Teller. Er hatte ihn immer beim Essen. Die herausfordernde Situation wurde so gelöst, dass ich mich wenn ich mit kochen fertig war, kurz neben meinen Sohn gesetzt habe. Ich habe ihm seinen Teller gegeben und die Eisenbahn durfte nochmal fahren. Dann haben wir Sie gestoppt und mein Sohn ist aufgestanden, hat seinen Teller zu seinem Platz getragen. Als ich das das erstmal erlebt habe, habe ich geweint. Ich war so froh und glücklich, dass mir jemand geholfen, das zu lösen. Die Eisenbahn kommt bis heute auf einen Parkplatz neben dem Eßtisch, damit er weiß, dass er sie nach dem Essen wieder haben kann.
Quelle: Facebookseite der Aktion Mensch
Das Vorgehen im Zitat hat mit ABA bzw. Behaviorismus überhaupt nichts zu tun, wurde aber als Beispiel angeführt. Im Behaviorismus geht es um Konditionierung, die dort ganz klar nicht erfolgt ist.
14. Sie wissen angeblich, dass Autismus eine Entwicklungsverzögerung ist, ignorieren das dann aber bei der Formulierung der Therapieziele. Wieso?
Kein wörtliches Zitat, aber es wurde argumentiert, dass man als Eltern doch wollen müsse, dass das 6jährige Kind gefälligst alleine zum Bäcker gehen und Brötchen kaufen kann. Oder das vielzitierte Windelproblem. Ein Kind mit 4 Jahren muss windelfrei sein.
Beides würde ich nicht mal unbedingt von einem „Normkind“ verlangen bzw. erwarten. Und gerade autistische Kinder haben im Regelfall eine Pflegestufe. Die haben sie nicht, weil sie mit ein wenig Übung in der Lage sind, alles wie gleichaltrige normal-entwickelte Kinder zu tun.
15. Warum fühlt ihr euch immer gleich persönlich angegriffen, droht mit Anzeigen oder schreibt von Hetze, wenn euch Fragen gestellt werden und eure gewählte Therapieform kritisiert wird?
Blockiert wird, wer mich persönlich angreift, denn auf diesem Niveau diskutiere ich nicht und es dient dem Schutz meiner Person.
Quelle: Facebookseite von Aktion Mensch
Das war eine Reaktion auf die Frage, ob die schreibende Autistin selbst mit ABA therapiert wurde oder wird.
Nun ist es aber mal genug mit der Hetzerei.
Quelle: Facebookseite von Aktion Mensch
16. Das Kind/der Jugendliche möchte also nicht auf die Toilette gehen. Statt zu ergründen, warum dies so ist, wird er also dazu „angeleitet“ (gegen seinen erklärten Willen!), weil das einfach so beschlossen wurde. Mit welchem Recht dürfen Eltern über die intimsten Bereiche des Kindes entscheiden und dabei auch noch Fremde involvieren?
Wenn M. morgens aufsteht ist das erste, dass er lernen muss alleine auf die Toilette zu gehen. Das macht er aber nicht von sich aus. Deshalb ist mein erster Programmpunkt, ihn anzuleiten die Toilette aufzusuchen. Dazu gibt es eine Routine, die abgesprochen ist, damit ich es auch mal delegieren kann.
Quelle: Facebookseite der Aktion Mensch (Hervorhebungen von mir)
17. Wie soll ein autistisches Kind Selbständigkeit erlernen, wenn ihm durch ABA jegliche Entscheidungsfreiheit genommen wird? Fällt Ihnen der Widerspruch nicht auf oder ignorieren Sie ihn bewusst?
Siehe vorheriges Zitat
18. Warum ignorieren Sie Ihr Bauchgefühl als Eltern?
Das war schon sehr konsequent und auf den ersten Blick hart.
Quelle: IFA-Bremen
19. Sie berufen sich so gerne darauf, dass dieses Programm wissenschaftlich wäre und die Therapeuten qualifiziert. Wie passt das damit zusammen, dass Eltern, Schulbegleiter, Babysitter, Erzieher, Lehrer und sogar Klassenkameraden ebenfalls ABA an dem autistischen Kind praktizieren sollen? Woher sollen deren Fachkenntnisse kommen, um das autistische Verhalten korrekt zu analysieren?
Einerseits wird damit argumentiert, dass die Verhaltensanalyse der wichtigste Punkt sei, man erstmal den Grund für das Verhalten herausfiltern müsse, um dann andererseits völlige Laien ohne jegliche Ausbildung oder mit einem Wochenendkurs auf das Kind los zu lassen.
20. Essen wird also wirklich nicht als Verstärker eingesetzt?
Für jede richtige Antwort bekam Paulo ein Lob oder durfte ein Gummibärchen naschen.
Quelle: IFA-Bremen
21. Wenn doch nur ABA bzw. alle auf Behaviorismus basierende Therapien (da ja gerne vermischt wird) für Fortschritte sorgen können, wie erklären Sie sich die teilweise gravierenden Fortschritte bei anderen autistischen Kindern, die eben nicht von den Eltern therapiert werden und Intensivprogramme absolvieren?
22. Warum behaupten Sie, dass „irgendwas mit Gummibärchen“ eine falsche Vorstellung sei, die Kritiker von ABA haben, genau dies taucht aber immer wieder in den Erfahrungsberichten auf?
ich habe letztes Jahr als Einzelfallhelfer ein Kind mit Autismus betreut sie war so aggressiv das innerhalb von 1 1/2 15 Einzelfallhelfer an diesem Kind dran waren und die Flucht ergriffen haben . mit Hilfe einer autismusfachfrau habe ich ihr dieses verhalten ab trainiert in dem wenn sie aggressiv war habe ich sie zur Seite gesetzt und wenn sie in Situationen wo sie andere gekniffen und geschlagen hatte es ohne ausgehalten hat bekam sie ein Stück Gummibärchen . bei jeder Aufforderung der Lehrer tickte sie völlig aus sie war 8 . ich währe gern auf Ursachen Forschung gegangen weil ich der Meinung bin das dieses verhalten ein Grund hatte aber die Zeit hatte ich nicht da die Schule sehr uneinsichtig war . aber es hatte geklappt dadurch dass sie weniger aggressiv war nahmen die Kinder wieder mehr Kontakt zu ihr auf und seine ist richtig glücklich . und wir haben einen Schulwechsel beantragt . ich bin dort auch auf sehr viel Kritik gestoßen dass ich sie dressierte aber wenn ich heute sehe wie schön sie mit anderen Kindern spielen kann ohne sie zu masakrieren dann denke ich dass ich es richtig gemacht habe .
Quelle: öffentliche Facebookseite (Die Tippfehler stammen so aus dem Original-Kommentar. Das wiederum bringt mich zurück zu Frage 19 und der Qualifizierung)
Ich bin wirklich gespannt, ob ich Antworten bekomme. Die Hoffnung stirbt ja zuletzt.