Inklusion – Warum das kämpfen lohnt

Paul ist an seiner jetzigen Schule der erste diagnostizierte Autist. Die Schule gibt es schon sehr lange, ich gehe davon aus, dass im Lauf der Jahre durchaus der eine oder andere undiagnostizierte Autist Schüler dieser Schule war.

Paul ist auch eines der ersten Inklusionskinder an dieser Schule. Jahrzehntelang war es üblich, dass anstrengende Kinder relativ zügig an die nächste Förderschule zwangsverwiesen wurden. Unabhängig davon, ob tatsächlich eine Behinderung vorlag oder nicht. Der Förderschwerpunkt Lernen wurde schon irgendwie passend vergeben. So war es bundesweit, das soll jetzt also kein Angriff auf die Schule sein. Kinder, die offensichtlich behindert waren, hatten erst gar keine Chance auf Regelschule, für sie gab es nur den Weg in die Förderschulen oder in die Tagesbildungsstätte.

Dann kamen wir. Passenderweise trat in Niedersachsen gerade das neue Schulgesetz in Kraft und es gab plötzlich einen Rechtsanspruch auf Inklusion. Niemand konnte uns mehr zwingen, Paul in die Förderschule zu schicken. Und ich kann nicht behaupten, dass sie es nicht wirklich ausdauernd und mit allen Mitteln versucht hätten. Für uns war die Förderschule aber nie eine Option.

Paul besuchte im ersten Schuljahr dann aber nicht die zuständige Grundschule, sondern eine tolle inklusive Grundschule im Nachbarort. Ich schrieb bereits darüber.
Nach deren Schließung blieb aber als einzige echte Option nur die zuständige Grundschule. Und hier knirscht es an vielen Ecken und Enden. Wir müssen um Dinge kämpfen, die eigentlich selbstverständlich sein sollten. Die schriftliche Fixierung bereits gewährter Nachteilsausgleiche beispielsweise. Zum Teil sind diese Kämpfe dadurch zu erklären, dass sich wirklich niemand so richtig auskennt, was die gesetzlichen Regelungen für Nachteilsausgleiche trotz bestehender Förderschwerpunkte betrifft. Zum Teil ist es aber durchaus auch Sturheit, die zur Verweigerung führt. Wir sind unbequeme Eltern, weil wir Forderungen stellen. Weil wir uns nicht einschüchtern lassen. Jemand sagte mir mal: „Ihr seid die erste Generation Eltern behinderter Kinder, die die Rechte ihres Kindes kennen und sie auch einfordern. Das ist für die Lehrer sehr ungewohnt. War es doch bisher so, dass sie sich damit nicht auseinandersetzen mussten, weil die Kinder ganz schnell an die Förderschule geschickt wurden.“ Da ist viel wahres dran.

Ich könnte mir tausend Dinge vorstellen, die ich lieber machen würde, als mit Lehrern über bürokratischen Kleinkram zu streiten. Vor allem, weil ich trotz aller Schwierigkeiten recht zufrieden bin, wie es für Paul in der Schule läuft. Er ist glücklich, fühlt sich wohl. Von den Sachen, die im Hintergrund ablaufen, bekommt er kaum etwas mit. Die deutliche Mehrheit seiner Lehrer ist toll und engagiert. Die Probleme sind wirklich eher bürokratischer Natur. Wir diskutieren über Sachen, wo ich denke „Meine Güte, einfach schriftlich fixieren, was ihr gerade an Nachteilsausgleichen gewährt und das in die Schülerakte legen. Das kann doch nicht so schwer sein.“ Ich verstehe da auch ganz ehrlich nicht, wo das Problem liegt. Und ich weiß nicht, wie ich es noch erklären kann. Manchmal zweifele ich, ob sich der Kampf lohnt. Ob es das wert ist. Andererseits weiß ich natürlich, dass ohne schriftliche Fixierung der Nachteilsausgleiche Paul derjenige ist, der das ausbaden muss. Spätestens nach dem Wechsel auf die weiterführende Schule. Also bleibt ja nichts weiter, als wieder und wieder darum zu bitten, etwas schriftliches aufzusetzen und der Schülerakte hinzuzufügen.

Inzwischen weiß ich, dass wir etwas bewegen. Dass sich unser Kampf auszahlt. Wir sind diejenigen, die gegen Wände anrennen bis sich ein Loch auftut. Durch dieses Loch können dann andere gehen, ohne selbst all die Kämpfe erneut fechten zu müssen. Konkret wurde mir kürzlich von der Mutter eines autistischen Kindes gesagt, dass unsere Rektorin bei der Schulanmeldung zu ihr meinte: „Autist? Kein Problem, wir haben schon einen, das bekommen wir schon hin.“ Dafür lohnt sich all die Mühe. Dafür lasse ich gerne meine Nerven. Wenn die Eltern dieses Kindes deutlich weniger kämpfen und diskutieren müssen als wir, dann war es all die Mühe und die Tränen wert. Auch wenn es mich schon ein wenig wehmütig macht, dass es überhaupt nötig ist, dass wir uns den Mund fusselig reden müssen. Optimal wäre es, wenn nicht immer jemand Vorreiter sein müsste, um anderen den Weg zu ebnen, sondern es von Anfang an reibungslos funktionieren würde. Das Recht auf Inklusion ist ein Menschenrecht, daran gibt es normalerweise gar nichts zu diskutieren. Sollte es zumindest nicht.

Trotz allem sind es Aussagen wie die dieser anderen Mutter, die mir Kraft geben. Die mir zeigen, dass unser Weg richtig und wichtig ist. Wir lassen uns nicht entmutigen.

 

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alltägliche Absonderlichkeiten

Nächste Woche fängt bei uns die Schule wieder an. Wir wissen, dass an einem oder zwei Tagen pro Woche der Unterricht bereits zur nullten Stunde beginnt. (Nullte Stunde? Ernsthaft, wer denkt sich denn so etwas aus? Was war denn an der früheren sechsten Stunde falsch? Welches Kind ist um diese Uhrzeit eigentlich schon aufnahmefähig?) Wir haben aber natürlich noch keinen Stundenplan. Den gibt es erst in der zweiten Schulwoche endgültig. Hoffentlich. Im April baten einige Eltern inklusive mir bereits darum, ob nicht zumindest die Wochentage mit der nullten Stunde vorab bekannt gegeben werden könnten. Weil die Fahrkinder zweier Orte durch diese wunderliche Anfangszeit in große Schwierigkeiten kommen. Ich fragte, weil ich für Paul die Weiterbewilligung des Behindertenfahrdienstes beantragen musste. Die Schule zuckte mit den Achseln. Man wisse es noch nicht, die Stundenpläne seien abzuwarten. Jetzt kam, was irgendwie ja kommen musste. So ganz grundsätzlich wäre Fahrdienst für Paul zwar schon möglich, der Antrag kann aber erst bearbeitet werden, wenn ich für jeden einzelnen Wochentag die genauen Zeiten angeben kann. Und ob zur nullten Stunde überhaupt der Fahrdienst bewilligt wird, müsse man noch sehen. Weil das ja vermutlich grundsätzlich eine Einzelfahrt wäre. Man müsse doch die Kosten im Auge behalten. Und so sitzen wir hier, eine Woche vor Schuljahresbeginn. Ich kann Paul nicht sagen, wann er jeden Morgen aufstehen muss. Ich kann ihm nicht sagen, ob er mit dem Taxi fährt, wir ihn mit dem Auto bringen oder er spontan das Busfahren erlernen muss. Seufz.

„Schweig still und sei gefälligst dankbar!“ Inklusionsdebatte

In den letzten Tagen lief auf meiner privaten, nicht-öffentlichen Facebookchronik eine heftige Diskussion, weil ich es gewagt habe, Pauls neue Schule zu kritisieren.
Die Vorgeschichte: Donnerstag Mittag rief mich Pauls Schulbegleitung an und teilte mir mit, dass sie verletzungsbedingt ab sofort krank ist. Ich wünschte ihr gute Besserung und damit war der Fall für mich auch erledigt. Dachte ich zumindest. Bis 10 Minuten später erneut das Telefon klingelte und Pauls Klassenlehrerin am anderen Ende der Leitung war. Sie teilte mir mit, dass beschlossen worden sei, dass Paul am nächsten Tag die ersten beiden Unterrichtsstunden zu Hause bleiben solle. Weil da ja der Schwimmunterricht wäre und die Schulbegleitung krank. Ich war perplex und antwortete ohne großes Nachdenken mit „Nein“. Bis zu diesem Moment war ich nicht mal ansatzweise auf die Idee gekommen, dass es für die Schule ein Problem sein könnte, wenn Paul ohne Schulbegleitung am Unterricht teil nimmt. Warum auch? Bei der alten Schule war es nie ein Thema. Und in der neuen Schule liefen letzte Woche mehrere Gespräche zwischen uns Eltern und einigen Lehrern, bei denen es fast so klang, als würde Paul die Schulbegleitung gar nicht mal so dringend benötigen. Einiges davon war allerdings auch Unwissenheit über Autismus und Missverständnissen über das Aufgabengebiet der Schulbegleitung zuzuordnen. Da haben wir bestmöglich versucht aufzuklären und auch die Autismustherapeutin griff helfend ein. Damit war für uns das Thema eigentlich erledigt.
Bis zu diesem Anruf. Ich antwortete also mit „Nein, er bleibt nicht zu Hause.“ Und erklärte, dass er auch bisher bei Ausfall der Schulbegleitung ganz normal am Unterricht teil genommen hat. Ja, auch am Schwimmunterricht. Und dass es da auch noch nie irgendein Problem gab. Ich sicherte zu, dass wir Eltern auf jeden Fall in Rufbereitschaft stehen würden und auf Anruf sofort kommen würden und Paul notfalls abholen, falls doch irgendetwas vorfallen sollte. Dass wir mit Paul auch noch zusätzlich sprechen und ihn darauf extra vorbereiten. Die Klassenlehrerin wollte Rücksprache mit der Rektorin halten und sich noch mal melden, falls sie es sich überhaupt nicht zutrauen würden. Dieser Rückruf blieb aus. Mich beschäftigte die ganze Sache aber trotzdem. Waren wir bisher mit Pauls alter Schule in einem wahren Inklusionparadies, so landete ich jetzt hart auf dem Boden der Tatsachen, dass Inklusion auch 6 Jahre nach Unterzeichnung der UN-Behindertenrechtskonvention keinesfalls selbstverständlich ist. Am Abend machte ich mir auf Facebook Luft.

Liebe Schule, wusstet ihr eigentlich, dass es in Deutschland eine gesetzlich verankerte Schulpflicht gibt? Und außerdem ein ebenfalls gesetzlich festgeschriebenes Recht auf Bildung? Daran habt auch ihr euch zu halten. Das bedeutet, dass ihr nicht einfach ein Kind vom Unterricht ausschließen könnt, nur weil ihm seine Nase oder (in unserem Fall) seine Behinderung nicht gefällt/Angst macht. Nein, das Recht auf Bildung und die Schulpflicht sind nicht an den Schulbegleiter oder seine Anwesenheit gekoppelt. Wenn der Schulbegleiter nicht da ist, hat mein Kind trotzdem das Recht beschult zu werden und wir haben die Pflicht, ihm dies zu ermöglichen. Es sei denn, es sprechen schwerwiegende Gründe dagegen, die hier aber nicht vorliegen.

Hausaufgaben für die Herbstferien für euch: Lest das deutsche Grundgesetz, die UN-Kinderrechte und die UN-Behindertenrechtskonvention durch. Dann spare ich mir zukünftig auch die ehrenamtliche Nachhilfe.

‪#‎unbequemeMutter2‬.0

Ein bisschen verärgert, ein wenig sarkastisch. Ich ahnte ja nicht was ich damit lostreten würde. Ich werde ein paar Kommentare hier wörtlich wiedergeben, andere nur sinngemäß.

Ist es nicht ein wenig Übertrieben?
Euer Kind braucht besondere Aufmerksamkeit.
Nun ist euer Kind aber nicht alleine mit der Lehrkraft beim schwimmen.

Was ist mit den anderen Kindern? Sollen die vernachlässigt werden?

Ich schob diese Aussage erstmal auf die Unkenntnis des Schreibers über Autismus und das fehlende Wissen darüber, warum mein Sohn eine Schulbegleitung hat. Das ist ja nicht schlimm, man kann das ja erklären. Es stellte sich allerdings heraus, dass der Schreiber tatsächlich davon ausging, dass Paul eine Gefahr für seine Mitschüler sei und die Schulbegleitung nur zum Schutz der anderen Kinder da. Und dass natürlich auch bei Inklusionskindern die Lehrer bzw. die Schule für den Unterricht und die Bildung zuständig sind scheint eine völlige Überraschung für ihn (und nicht nur ihn) zu sein. Das tut weh. Und zeigt deutlich die Folgen von fast einem Jahrhundert Separation.

Auf meine Erklärung, dass Paul weder eine Gefahr für seine Mitschüler darstellt, noch die Lehrer davon abhält zu unterrichten und er sehr wohl auch mal ausnahmsweise die Schule ohne Schulbegleitung besuchen kann, verfiel der Schreiber plötzlich in das andere Extrem:

Wenn es so einfach wäre, dann bräuchtet ihr doch keine Schulbegleitung.

Das regt mich gleich aus zwei Gründen auf. Zum einen schwingt da die Unterstellung mit, ich würde lügen. Und andererseits würde Paul dann ja wohl keine Schulbegleitung brauchen, wir also ganz umsonst Leistungen in Anspruch nehmen. In die Kerbe schlägt auch noch ein anderer Kommentator:

Und wenn er sogar so was ohne SB meistern kann, dann braucht er vielleicht keinen?

*Ironie on* Genau. Es ist ja auch total einfach so einen qualifizierten Schulbegleiter so bekommen. Die bekommt man ja förmlich aufgedrängt. *Ironie off* Sachlich: Es ist ein riesiger Aufwand, wenn man eine Schulbegleitung beantragt. Man stellt einen Antrag auf Eingliederungshilfe. Um den Bescheid auch rechtzeitig zu bekommen mindestens 6 Monate vorher. Diesen Antrag muss man ausführlich begründen. Es werden Gutachten, Stellungnahmen und Berichte angefordert. Und es findet ein Hilfeplangespräch statt, bei dem man den Bedarf ebenfalls nochmals ausführlich begründen muss. Mit Glück bekommt man dann eine Bewilligung. Mit noch mehr Glück sogar für die komplette benötigte Stundenanzahl. Damit sucht man sich einen Träger, der dann auch noch das passende Personal haben muss. Das Ganze dann jedes Schuljahr erneut. Oder sogar jedes Halbjahr, je nach Goodwill des zuständigen Sachbearbeiters. Und immer wieder schwebt die Unsicherheit über einem, ob eine Weiterbewilligung erfolgt. Nein, das macht man nicht, wenn es nicht dringend nötig wäre. Wofür ein autistisches Kind einen Schulbegleiter normalerweise benötigt, hat dankenswerterweise Innerwelt sehr zutreffend beschrieben, deshalb verlinke ich hier jetzt einfach ihren Beitrag:

https://innerwelt.wordpress.com/2015/10/16/braucht-der-ueberhaupt-einen-schulbegleiter/

Und wieder wechselte die Argumentation grundsätzlich.

Dir geht es ja nur um dein Kind.

Ja natürlich geht es mir in dem Fall um mein Kind. Ich bin seine Mutter und setze mich eben für ihn ein. Wer soll es denn sonst tun? Andererseits ebne ich dadurch aber auch den Weg für andere Kinder. Indem ich der Schule aufzeige, dass Inklusionskinder (oder auch andere natürlich) nicht willkürlich behandelt werden dürfen.

Was ist mit den anderen Kindern? Denk doch mal an die!

Was soll denn mit denen sein? Die dürfen ja ganz normal zum Unterricht. Und nein, kein Kind hat einen Nachteil durch Pauls Anwesenheit. Weder in diesem speziellen Fall noch durch Inklusion generell. Im Gegenteil. Es gibt Studien, die die Vorteile inklusiver Bildung eindeutig belegen. Sowohl für die inkludierten Kinder als auch für die „normalen“ Schüler.

Dir geht es also doch nur ums Prinzip!

Das war dann der Vorwurf als ich darauf hinwies, dass es in Deutschland Gesetze gibt, an die sich sowohl wir Eltern als auch die Schule halten müssen. Man kann nämlich die Schulpflicht nicht einfach aushebeln. Natürlich geht es mir dabei auch ein wenig ums Prinzip. Und mein Gedanke war auch „Wehret den Anfängen.“ Wenn ich Paul bei Erkrankung der Schulbegleitung zu Hause behalte, dann könnte das zur Gewohnheit werden. Es fängt mit dem Schwimmunterricht an, geht dann weiter mit Wander- oder Projekttagen und hört bei der Klassenfahrt auf. Und wenn dann plötzlich doch keine Schulbegleitung mehr bewilligt wird, muss Paul ganz zu Hause bleiben und wird ausgeschult? Das hat mit Inklusion überhaupt nichts zu tun. Eine Schulbegleitung darf nicht zur Bedingung gemacht werden, damit ein Autist sein Recht auf Bildung wahrnehmen kann.

Du überforderst dein Kind!…Die Schule kann das besser einschätzen!

Ich gehe hier natürlich nur von Paul aus. Es gibt sicherlich Kinder, für die es in dem Fall besser wäre, zu Hause zu bleiben. Das trifft auf Paul aber nicht zu. Er wäre mehr belastet worden, wenn sein Tagesablauf völlig aus dem Plan gerissen worden wäre, weil er erst zur 3. Stunde hätte kommen können. Außerdem hätte ich ihm noch irgendwie erklären müssen, warum seine Klassenkameraden zum Schwimmunterricht dürfen, er aber nicht. Das wäre nicht gegangen, ohne sein – ohnehin schon schwaches – Selbstbewusstsein noch mehr zu belasten. Er ist ja nicht doof und hätte sehr wohl gemerkt, dass die anderen alle Schwimmen waren.
Ich möchte an dieser Stelle extra betonen, dass solche Abwägungen im Einzelfall ganz anders ausfallen können und es auch in Ordnung ist, wenn Eltern ihre Kinder dann zu Hause behalten, um sie zu schützen.

Du bist nur egoistisch und wolltest dein Kind abschieben!

Das war einfach nur ein tiefer Hieb unter die Gürtellinie. Ich gehe auch davon aus, dass diese Aussage mich gezielt verletzen sollte, weil ich einfach eine andere Meinung vertrete. Das ist weitab von irgendeiner sachlichen Diskussionskultur.

Du musst auch Kompromisse eingehen!

Aus meiner Perspektive habe ich das. Ich habe angeboten, dass wir Paul abholen, wenn es nicht klappt. Dass wir jederzeit angerufen werden können, wenn Fragen auftauchen. Dass wir ihn notfalls begleiten. Wenn das keine Kompromisse sind, was denn dann? Es ist jedenfalls kein Kompromiss, wenn die Schule beschließt, dass er ohne Schulbegleitung nicht am Unterricht teil nehmen darf. Das ist Diskriminierung. Der Kommentar im Kontext der gesamten Diskussion ist auch als Vorwurf gemeint. Wir sollten doch dankbar sein, dass Paul überhaupt diese Schule besuchen darf und man sich dort so viel Mühe mit ihm gibt. Das sehe ich anders. Es gibt ein Recht auf Bildung und einen Rechtsanspruch auf Inklusion. Wir sind keine Bittsteller.

Ich verstehe nun umso besser, wieso so viele Schulen keine Integration oder Inklusion wollen.

Noch ein Tiefschlag. Ich bin also dafür verantwortlich, dass sich Schulen vor ihrer Verpflichtung drücken? Weil ich einfach nur einfordere, dass mein Kind die gleichen Rechte zugesprochen bekommt wie alle anderen Kinder auch. Ironischerweise kommt dieser Kommentar auch noch von jemandem, der sich sonst sehr für Barrierefreiheit und Selbstbestimmung für Autisten einsetzt. Das tut natürlich doppelt weh.

Muss das alles öffentlich sein?

„Pssst, sag nichts.“ Es war eigentlich gar nicht öffentlich. Andererseits scheue ich mich auch nicht davor, das Ganze notfalls auch öffentlich zu thematisieren. Inklusion geht alle an und betrifft auch nicht nur behinderte Kinder.
Hoppla, durch den Post jetzt ist es doch öffentlich. Und dazu stehe ich. Ich werde nicht ruhig sein und schweigend Rechtsbeugung und Rechtsverletzungen hinnehmen. Werde ich nicht, wenn es nur um Paul geht und auch nicht, wenn es ganze Personengruppen betrifft. Die Zeiten des schweigenden Wegduckens sind vorbei. Willkommen im 21. Jahrhundert.